BG 19

Die Geschichte und Technik des BG19 - von M. Zirke
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Das Magnetbandgerät BG19 war 1951 das erste industriell hergestellte Heimtonbandgerät der DDR. Seine Entwicklung bis zur Produktionsreife vollzog sich im damaligen Zentrallaboratorium Köpenik des Industrieverbandes R-F-T.

Die Fertigung der Geräte erfolgte durch zwei unterschiedliche Betriebe in verschiedenen Produktionsstätten und in mehreren Varianten. Bekannt geworden sind vor allem die Ausführungen BG19-1 und BG19-2. Dem Vernehmen nach soll es auch eine Version BG190 gegeben haben - über Stückzahlen existieren keine Aufzeichnungen. In nennenswerter Größenordnung von mehreren zehntausend Exemplaren wurde nur der Typ BG19-2 vom MGW produziert. Die konkreten Stückzahlen der Thalheimer Produktionsstätte sind nicht sicher verbürgt. Aus Leipziger Fertigung stammen mindestens ca. 6000 Stück BG19-2 wie anhand der Fabriknummern abgeleitet werden kann. Ferner wurde die Ausführung BG19-2 vom MGW Zwönitz in einer Version als BG19-2z gefertigt. Das "z" stand für die Ausstattung mit dem umschaltbaren Permanentmagnet-Löschkopf ab Werk. Als Handelsname kreierten die Zwönitzer in ihrer bekannten Edelsteinreihe das BG19-2 als "RUBIN". Diese Bezeichnung erlangte aber, im Gegensatz zu den Geräten der TOPAS- und SMARAGD-Familien, keine Popularität.

Nahezu alle Geräte wurden in dem typischen Holzkoffer mit farbiger (Braun, Weinrot, Meerblau und Schwarz) Teled-Bespannung geliefert. Eine Ausführung mit seitlichen Halbabdeckungen wurde in die vom GWL gefertigte "Musikübertragungsanlage" halbversenkt integriert. Die gesamte Anlage war in einem großen Koffer transportabel eingebaut. Ein Einbau in Tonmöbel ist mir nicht bekannt.

Die Modelle BG190, BG19, BG19-1, BG19-2 und BG19-2z sind äußerlich auf Anhieb nur vom Kenner zu unterscheiden, ausgenommen es ist ein noch lesbares Fabrikschild vorhanden welches dann auch den Hersteller offenbart. Allen Versionen gemeinsam ist die mechanische und elektrische Grundkonzeption die sich so in mehreren zehntausend Exemplaren bewährt hat.

Ein pultförmiges Alu-Chassis mit oberseits unvorteilhaftem Kräusellack wurde in verschiedenen Farbvarianten gefertigt: Die BG19-2 aus Leipziger Fertigung kamen in Blaugrau, die Zwönitzer hingegen in Maschinengrau daher; FWL-Geräten mit dreistelligen Fertigungsnummern wurden auch in Moosgrün und Stahlblau geliefert - vom MGW sind mir keine Farbvarianten bekannt. Ein robuster, echter Capstanmotor vom Typ MSM 130/30 aus Hartha (alternativ auch WKM 130-30 aus Leisnig) treibt über einen einzigen Rundriemen die beiden Spulenteller an. Dieses Antriebsorgan mit einer Leistung von 6 Watt bringt gute 4,5 kg auf die Waage. Der großen Masse des Läufers mit integriertem Schwungrad und den ebenso großzügig dimensionierten Gleitlagern ist die ausgezeichnete Konstanz der 700 Upm zu verdanken. Entscheidend für die guten Laufeigenschaften sind natürlich auch die drei gleichgroßen, aber ungleich gewichtigen Umlenkrollen mit den beiden leichtgängigen Bandspannhebeln. Die Tonwelle mit einem Durchmesser von 10mm ist an ihrem oberen, aktiven Ende auf 5 mm verjüngt. Entgegen landläufiger Meinung wurden die Wellen nicht nachträglich abgedreht sondern von Anfang an so gefertigt. Demgemäß ist es ein Irrglaube, es hätte mal ein BG19 mit 38-er Geschwindigkeit gegeben. Ein durchgängig nur 5mm starker Capstan hätte die Motoren, besser gesagt die Lager, nicht solange lebenlassen! Ein weiteres Detail an diesem Motor verdient der Erwähnung: Die mechanische Schnellbremseinrichtung. Dabei wurden zwei im oberen Lagerschild gegenüberliegende Bremsklötze mittels eines Hebelwerkes gegen das Schwungrad gepreßt sodaß ein sofortiger Stillstand eintrat. Diese Mechanik ist rudimentär noch an ganz frühen Exemplaren der Leipziger BG19-2-Serie mit dem Harthaer Motor erhalten, funktionsfähig war sie aber vermutlich nur in den älteren Ausführungen BG19 bzw. BG190. Die Leisniger Motoren hatten m.W. keine derartige Einrichtung.

Die Laufwerkssteuerung der BG19-Familie geschieht rein mechanisch mittels der drei markanten weinroten Tasten. Eine gegenseitige Verriegelung verhindert Fehlbedienungen. Die Wiedergabetaste schaltet den Motor ein, fährt die große, doppelt kugelgelagerte Gummiandruckrolle mit einer Anpreßkraft von ca. 12 N an die  Tonwelle und gleichzeitig wird der kopfseitige Bandabweiser urückgenommen. Ein geringes Anfahrjaulen ist bei dieser Konstruktion unvermeidlich, hält sich bei korrekt eingestellter Maschine aber in erträglichem Rahmen. Die Vorlaufkupplung arbeitet als doppelte Schlingfederkupplung mit gewichtsabhängiger Friktion. Bei der Rücklaufkupplung genügt eine einzige Schlingfeder für den Umspulvorgang. Im Wiedergabebetrieb erfolgt eine Konstantbremsung der auf der Tellerachse festmontierten Bremstrommel durch ein vorgespanntes Lederband. Der Rückspulvorgang selbst wird durch elektrische Drehrichtungsumkehr des Motors ausgelöst. Dabei schließt die am linken Seilrad montierte Schlingfeder und nimmt den Teller direkt mit wobei die Bremsbandfeder automatisch aufgezogen wird. Die identische Schlingfeder am Vorlaufseilrad wird zugleich aufgefahren und die am Vorlaufkupplungsträger montierte Schlingfeder schließt sich jetzt und verhindert somit das Mitdrehen des Kupplungsunterteils. Es tritt jetzt auch wieder die gewichtsabhängige Bremsung des rechten Bandwickels in Funktion.

Ein "schneller Vorlauf" war an diesen Geräten nicht vorgesehen.

Die elektrische Ausrüstung ist auch noch recht bescheiden, wenngleich unter damaligen Verhältnissen als durchaus zufriedenstellend einzustufen.

Die zwei Hauptbaugruppen Netzteil und Entzerrer sind auf eigenen Subchassis aufgebaut wodurch eine relativ einfache Zerlegung im Reparaturfall möglich ist.

Der Netztrafo ist magnetisch voll gekapselt. Eine zarte Selensäule liefert in Einwegschaltung die ca. 20mA Gleichstrom und wird von einem 16my/500V Elko geladen. Nach der RC-Siebkette mit zwei mal 10kOhm + 8my/500V steht eine Leerlaufspannung von immerhin 375 Volt welche unter Last bis auf ca. 235V einknickt. Mit den beiden EF12, später dann EF12K erfolgt sowohl die Erzeugung der HF-Vormagnetisierungsspannung als auch die NF-Signalverstärkung. Zum Einsatz kommt ein klassischer Ringkernmagnetkopf aus der Produktion des Funkwerk Leipzig. Anstelle eines HF-Löschkopfes wurde eine große, externe Lichtstrom-Löschdrossel geliefert mit welcher aber nur eine Komplettlöschung des Bandes möglich ist. Als Nachrüstsatz gab es den vom BG19-2z bekannten Perma-Löschkopf zu kaufen.

Als Übersteuerungsindikator dient eine Röhrenglimmlampe. Es bedarf schon einiger Erfahrung um den optimalen Aufnahmepegel abschätzen zu können. Die hochohmige Signalankopplung an die Endstufe der Tonquelle wird mit einem Transformator galvanisch getrennt realisiert. Ein- und Ausgang sind als 4mm Bananenkupplungen bzw. -stecker rückseitig ausgeführt. Die Aufsprechspannung bewegt sich um 25Volt bei einer Impedanz von ca. 100kOhm bei 1000Hz. Die Wiedergabespannung beläuft sich um 500mV an 50kOhm. Mit dem damals üblichen Band vom Typ C ergab sich ein Frequenzbereich von 60 bis 7000Hz +/- 5dB und ein Fremdspannungsabstand über 40dB. Die 22-er Spulen erlaubten mit 500m Normalband eine Spieldauer von 2x45min. Die Schicht ist entsprechend der Deutschen Spurlage "Außen" gewickelt.

Markantes Zeichen der FWL-Geräte sind die beiden massiven Metalldrehknöpfe mit Strichmarke wohingegen die MGW-Fabrikate mit den bekannten Duroplast-Zeigerdrehknöpfen aufwarten. Bei den letzten Zwönitzer Geräten traten dann noch zwei Perlon-Flachkopfschrauben an die Stelle der verchromten Rändelschrauben der Abdeckhaube. Die MGW-Fabrikschilder sind auf den ersten Blick durch ihre weiße Umrandung von den Leipzigern, denen dieser Rahmen fehlt, zu unterscheiden.

Das im Kofferdeckel angebrachte Bandeinlegeschema ist auch in mindestens zwei Varianten anzutreffen: Ein Schwarzweiß-Negativdruck auf PVC-Folie von annähernder Postkartengröße ist hauptsächlich anzutreffen. Die andere Ausführung zeigt ein orangerotes Druckbild auf weißlichem Untergrund und ist mir nur von Zwönitzer Geräten bekannt.

Eine recht sichere Zuordnung der Geräte ist an Hand des Innenlebens - sofern dieses noch nahezu jungfräulich erhalten ist - möglich.

Diese hier aufgeführten Details entsprechen dem derzeitigen Stand der Erkenntnis. Ich bin jederzeit dankbar für die Übermittlung von Daten dieser Geräte, ganz besonders von solchen der Versionen 190, 19 sowie 19-1.

Es ist die Ironie des Schicksals, daß auch ich selbst seinerzeit kein Auge für die kleinen aber feinen Unterschiede der einzelnen Ausführungen übrig hatte. Einmal mehr bewahrheitet sich der Spruch daß man erst dann, wenn eine Sache für verloren gilt diese zu schätzen weis :)

Ihre freundlichen Hinweise, gern auch Bilder von Farbvarianten, senden Sie bitte an maschinendoktor@VR-Web.de oder nehmen sie telefonischen Kontakt mit mir auf. Ihre persönlichen Daten werden selbstverständlich absolut vertraulich behandelt und nach abschließender Klärung etwaiger Fragen bis auf die Emailadresse gelöscht.


Legende: FWL = Funkwerk Leipzig
FMWL = Fernmeldewerk Leipzig
GWL = Gerätewerk Leipzig
MGW = Meßgerätewerk Zwönitz / Thalheim


Anmerkungen des Webmasters:
Die Spannung am Ladeelko beträgt 420 V Beim Siliziumgleichrichter (50+16+10 myF bei mir), die Stromaufnahme 6 mA.
Der Frequenzgang reicht bis 10 kHz, auf Datenband seltsamerweise bis 14 kHz; die Aufnahmespannung für 0 dB ist immerhin 18 V. Dafür habe ich extra einen Aufnahmeverstärker gebastelt, bestehend aus einer 10W Endstufe (A 210 K) und passendem 12V- Netztrafo. Die NF wird unverzerrt aufs Band gegeben. Hab neuerdings einen Löschkopf von einem alten Uran rangebabbelt an das Loch für den Perma-Löschkopf - Batterielöschung mit einer Monozelle (1.5 V, 0.5A), 0.7V genügen eigentlich. 

Frontansicht

nachträglicher Pegelmesser

links innen

rechts innen

ein wirklich grosser Motor

Innenabsicht

Wickel-Ko.

etwas genauer...

Elko